Chris Eckman

Chris Eckman ist einer dieser Künstler mit einem ganz besonderen Händchen fürs Songwriting. Das hat er im Laufe der Jahre mit den Walkabouts und während seiner Solokarriere bewiesen. Seine Songs wurden von Townes Van Zandt, Steve Wynn und der Willard Grant Conspiracy gecovered und sein letztes Album ‘Where the Spirit Rests’ gewann 2021 den Preis der Deutschen Schallplattenkritik. Dreieinhalb Jahre später ist er mit seinem neuen Album ‘The Land We Knew the Best’ endlich zurück und hat uns neue Geschichten zu erzählen.

Das Album nahm Anfang 2022 Gestalt an, als Eckman sich daran machte neue Songs zu schreiben: “I don’t really write in fits and starts, I tend to have concentrated periods of writing. I was glad this didn’t take eight years to get going, like the last one. I’d found something of a different voice doing Where the Spirit Rests and it was still there when I picked up the guitar again.”
Doch es hat sich einiges verändert, viel Zeit ist vergangen, auch Eckmans Umgebung hat sich verändert. Die Songs auf ‘The Land We Knew the Best’ handeln nicht mehr von den verwahrlosten Landschaften des amerikanischen Westens. Chris Eckman hat viele Jahre in Ljubljana, Slowenien gelebt und die Stadt, wie auch die bergige und dicht bewaldete Natur die sie umgibt, übten einen starken Einfluss auf ihn aus.
“I wanted that specific sense of place in these songs” sagt Eckman. “I find a lot of solace and inspiration in the nature here. I walk a lot in the mountains and by now I have a strong connection to my adopted home. Place creates certain atmospheres and exploring that has always been important to my music.”
Diese Atmosphäre ist allgegenwärtig: im umnebelten „The Cranes“, in den sternenübersäten Berggipfeln von „Running Hot“ und in den von der Abend Dämmerung geprägten Bergkämmen von „Laments“. ‘The Land We Knew the Best’ zeichnet ein Bild von einer ganz eigenen, unverwechselbaren Landschaft.
Dieser Wandel zeigt sich nicht nur in den Lyrics, er durchdringt auch die Musik. ‘Where the Spirit Rests’ war so spärlich, dass es fast nackt wirkte. Auf dem neuen Album ist der Sound voller, wärmer und strukturierter, was den Liedern einen ganz anderen Rahmen verleiht.
Am deutlichsten wird dies im herzzerreißenden Opener “Genevieve“, der mit Klavier, gedämpftem Hintergrundgesang von Jana Beltran, sowie majestätischen Streichern von Catherine Graindorge (Iggy Pop, Nick Cave) aufwartet. Der Song ähnelt einer Kurzgeschichte von Raymond Carver: destillierte Bilder aus einem aus den Angeln geratenem Leben. Die Jahreszeiten vergehen, aber am Ende ist der Erzähler immer noch allein und der Wunsch nach Genevieves Rückkehr bleibt unbeantwortet. „Genevieve come home / I’ve been taking care / Finally got my act together.“ “There’s surely a sense of loss in the album, but it’s also about trying to take control of one’s life“ sagt Eckman. Aber wie die meisten Dinge in seiner Musik, ist nichts jemals vollständig
ausbuchstabiert. Alles bleibt zweideutig und entfaltet sich.
„Haunted Nights“ zeigt Eckmans Liebe zur Country-Musik und die raue und dunkle Seite dieser Musik. Man fühlt sich manchmal an Kris Kristofferson und Willie Nelson erinnert, Künstler die er in den letzten Jahren gecovert hat und spürt die Melancholie seiner Lieblings-Countrysängerin aus den 70ern, Sammie Smith. Andraž Mazis spielt hier die Pedal Steel Gitarre und Eckman singt ein fesselndes Gesangsduett zusammen mit Jana Beltran.
Für die Aufnahmen, die in und um Ljubljana stattfanden, stellte Eckman eine Gruppe von vertrauten Musiker*innen zusammen. Die Rhythmusgruppe, bestehend aus Žiga Golob (Kontrabass) und BlaŽ Celarec (Schlagzeug), nimmt seit Jahren mit ihm auf und geht außerdem mit ihm auf Tournee. Die meisten der anderen Musiker*innen sind Freunde aus der lokalen Jazz- und
Experimentalmusikszene, darunter auch Ana Kravanja vom slowenischen Avantgarde-Folk-Trio Širom. Der Ex-Londoner und in Ljubljana lebende Alastair McNeill (Róisín Murphy, Kreda) stand schon bei ‘Where the Spirit Rests’ hinter dem Mischpult und zaubert auch hier wieder einen atmophärischen Mix.
Über Track Nummer Fünf sagt Eckman folgendes: “The way we captured that energy on ‘Laments’ was intentional. We were set up like Neil Young and Crazy Horse in the studio, all in the same room, no isolation, with the vocals booming through a PA. Most everything on the album is live with the sounds all bleeding together. I’ve recorded that way a lot in the past decade. You have to throw away perfection and commit to the moment.”
Die vielfältigen Strukturen auf ‘The Land We Knew the Best’ sind von einer rauen, aber unbestreitbaren Schönheit gezeichnet: dunkle Atmosphäre, verzerrte Crescendos, tiefgründige Erzählungen und Momente der Stille. Es ist ein Album der Erinnerung, des Herzens und der Hoffnung. Ein ausgedehnter Spaziergang durch die Landschaften, die Chris Eckman am besten kennt.